Geheimnisse am Finsterkammpass

Der Händler

Es war eine Katastrophe! Zwanzig Jahre schon war seine Familie von Punin nach Lowangen mit ihren Handelswaren gereist und ausgerechnet jetzt, wo er, Jussufa ’ab ’al Sharaf, in der Taverne „Letzte Rast“ eintraf, war der Finsterkamm Pass eingestürzt! Nicht nur das die Waren weiter mussten, denn es galt Termine einzuhalten, auch war dies kein Ort, an dem sich Jussufa gerne lange aufhalten wollte, aber er versuchte das Beste daraus zu machen.
An seinen Stand war zunächst niemand gekommen, außer einer Schreiberin, mit der er einen Tee getrunken, die aber nichts gekauft hatte. Dann hatte er seinen Korb gepackt und war losgezogen, um einige Waren und Münzen den Besitzer wechseln zu lassen.
Über den Tag hinweg waren noch einige weitere Reisende hier gestrandet und ein prachtvoller, goldener Ring wechselte nach einem sehr guten Verkaufsgespräch in den Besitz des Magiers Kazan. Bei so etwas musste man sich Zeit lassen, einen guten Tee trinken und erst mal ein wenig plaudern bis man dann zu den Waren kam.
Bei dem Versuch eines Verkaufsgesprächs mit einem Elfen, gab dieser Jussufa einen Kupfer, aber wollte nichts dafür haben. Sehr seltsam diese Spitzohren.
Als er die Feuerstelle vor dem Zelt des Travia Geweihten Herdmann und seiner Frau Jolinde aufgesuchte, hatte er eigentlich nicht geglaubt, dort etwas verkaufen zu können. Aber bei einem netten Plausch und vorzüglichen Tee aus Äpfeln hatte sich Travian von Radsbeck, ein Mann von Adel dazu gesellt. Dieser wollte ein Aufruf an alle tapferen Kämpfer verfasst haben, was Jussufa sogleich der Schreiberin in Auftrag gab.
Das Zahori-Pack ließ er links liegen und machte sich sogleich auf zur nächsten Feuerstelle neben dem Vorburgtor vor einem großen gelb schwarz gestreiften Zelt, vor dem zwei große Holzstühle aufgestellt waren. Dieses bewohnte ein Magier mit einigen Kriegern und zwei Goblins. Wie konnte man nur so stinkende Rotpelze beschäftigen? Einer der Krieger, Jaan, dem das Sprechen nicht so einfach zu fallen schien, hatte wohl seinen Kriegerbrief verloren, einen Auftrag, den er sogleich an die Schreiberin weiter gab.
Gerade als sie sich für später verabredet und verabschiedet hatten, wurden plötzlich Schreie laut. Orks griffen die Vorburg an. Sofort flüchtete Jussufa mit einigen anderen in die Burg und suchte Schutz weit weg vom Burgtor. Den Schwarzpelzen gelang es auch tatsächlich bis zu diesem vorzudringen als Jussufa einen klagenden Aufschrei hörte. Der Rondra Geweihte war gefallen! Dies war wahrlich kein gutes Omen. Schließlich zogen sich die Schwarzpelze zurück mit der Forderung, morgen zur Praiosstunde einige Schmuggler ausgeliefert zu bekommen. Nun mit Schmugglern wollte Jussufa nichts zu tun haben, so dass er, als sich die ganze Aufregung wieder etwas gelegt hatte, erst einmal in die Taverne ging, um sich dort einen Schluck auf den Schock zu gönnen.
In die Taverne, hatten sich mittlerweile wieder mehr Menschen eingefunden hatten und ein Barde in rotem Gewand versuchte für Stimmung zu sorgen, was ihm jedoch nicht so recht gelingen mochte, da er seine Kunst nicht besonders zu beherrschen schien. Schließlich trat ein Mann mit einem Leopardenfell und einer Spitzhacke, der behauptete Goldsucher zu sein, auf Jussafa zu und war sehr interessiert an Schmuck für eine hübsche junge Frau. Er bat Jussufa die ausgewählten Stücke ein paar Tage für ihn zurück zu halten. Zwar sah er eher aus wie ein mittelloser Wilder, aber er behauptete, dass er bald an sehr viel Gold kommen würde.
Dann hatte ihn die Schreiberin weggeholt, die den Kriegerbrief fertig gestellt hatte und er war mit ihr zum Zelt am Burgtor gewandert, um das Schriftstück zu übergeben.
Am Tor stand ein Mann mit einer Axt und einer mit einem großen Hammer, mit denen sich die Schreiberin gerade unterhielt. Mit denen würde Jussufa kein Geschäft machen können.
Ach, wenn der Pass nur bald geräumt würde. Jussufa schaute sehnsüchtig zum Tor hinaus. Er musste schnell hier fort. Nicht nur wegen den Waren, die schnell nach Lohwangen mussten, oder der Orks, die mit weiteren Angriffen drohten, sondern auch wegen einer anderen unbeglichenen Schuld.
Plötzlich wurde Jussufa bewusst, auf was er da starrte. Dort waren zwei, nein drei tanzende, rote Lichter und leise hörte er den Klang einer Flöte. Die Wachen waren immer noch in ein Gespräch mit der Schreiberin vertieft.
Ich glaube, das ihr euch ansehen solltet.“, sagte Jussufa.




Der Leibwächter

Wieso war Torn Grosshammer bloß auf die Idee gekommen, das Finsterkamm Gebirge zu überqueren. Jetzt war die Passstraße eingestürzt und er saß in dieser blöden Burg fest, die ständig von Schwarzpelzen überfallen wurde. Sie hatten sich noch nicht mal an ihre Abmachung gehalten, erst am nächsten Tag wiederzukommen, um diese Schmuggler abzuholen, sondern hatten einfach mal mitten in der Nacht einen weiteren Angriff durchgeführt, so dass alle Burgwachen bis auf den Weibel in Borons Hallen waren. 
Und dann waren da noch diese seltsamen roten Lichter gewesen, die von einer Flöte begleitet wurden, aber verschwanden, sobald man sich ihnen näherte.
Heute war der Bärensteiner Orden als Verstärkung angerückt und hatte erst mal das Ruder übernommen. Torn zweifelte allerdings ein wenig an ihrer Kompetenz. Zum einen hatten sie einen Elf an den Pranger gestellte, der nicht zur Tagwache erschienen war obwohl er für die Nachtwache eingeteilt gewesen war und diese Geschichtenschreiberin hatte sich auch schon über sie beschwert, weil die Bärensteiner sie aus der Burg schmeißen wollten. Das würde Torn jedoch nicht zulassen. Zu ihm war sie bisher nämlich immer nett gewesen.
Dann hatten einige Leute behauptet, ihre Waffen seien ihnen gestohlen worden. Torn konnte das nicht passieren. Niemand würde sich zu nah an seinen Hammer wagen, wenn er ihn nicht zu spüren bekommen wollte. 
Immerhin hatte Torn seine Dienste einem Magierpaar angeboten, die einen Leibwächter suchten, so dass er wenigstens was zu tun hatte, wofür er Geld bekam. Die hohen Magister hatten irgendwie so einem Mann mit Leopardenfell und Spitzhacke eine Karte abgenommen, die zu einem hohlen Baum führt, in dem wiederum eine Karte war. Der arme Tölpel war daraufhin an den Pranger gestellt und von der Inquisition verhört worden und musste sogar mit Blut schwören das er nichts wusste – wovon auch immer. Die Inquisition schien auf jeden Fall zufrieden zu sein, denn der Mann wurde wieder frei gelassen.
Seine Dienstgeber und einige andere gelehrte Damen und Herren waren dann unter Torns Schutz dem Weg der zweiten Karte gefolgt, die zu einem kleinem Steinhaus führte, in dem man dann denselben Leopardenfell Mann gefunden hatte. Diesmal blutete er aber nicht nur an der, sondern auch aus sämtlichen Körperöffnungen, was ihn bald in Bororns Hallen brachte. Die gebildeten Herrschaften hatten irgendwas von blutigem Gold und einem Geist, der den Mann besessen und schließlich getötet hatte, geredet, aber dabei so viele seltsame Worte benutzt, dass Torn bald den Faden verloren hatte. Auch waren in dem Haus noch eine Menge anderer seltsamer Dinge, wie eine Fee in einem Käfig und viele kleine Fläschchen und anderes Zeug, von dem sich Torn lieber fern hielt. Er hatte lieber die Hütte verlassen und hielt nun auf seinen großen Hammer gestützt Wache und beobachtete die Umgebung. 
Plötzlich kam ein Schrei aus dem Haus und Torn stürzte sofort herein, seinen Hammer zum Schlag erhoben. Doch im Haus war kein Ork oder oder irgendeine andere offensichtliche Bedrohung. Nur die ganzen hohen Herrschaften, die um die Magierin Delilah herum standen, welche am Boden lag und sich die Hände vors Gesicht hielt.
Ich kann nichts mehr sehen…geblendet…zu starke magische Stränge….“, stammelte sie.
Sofort beugten sich mehrere Leute zu ihr runter und redeten auf sie ein. Langsam ließ Torn seinen Hammer sinken. Einen Ork hätte er sofort zu Brei gehauen, aber magische Stränge? Er runzelte die Stirn. Naja, die hohen Herrschaften wussten schon, was sie da taten.




Die Magierin

Delilah sass mit ihrem Gefährten Kazan in der Taverne und merkte, wie langsam ihr Augenlicht zurückkehrte. Was gingen hier nur wieder für unheilige Dinge vor? Kaum waren sie hier am Pass gestrandet, schon hatten sich neue Rätsel ergeben, die es zu lösen galt. Wie es schien hatte der Baron einen Halbbruder namens Hansgar gehabt, der der Sohn der Wirtin „Zur letzten Rast“ war. Dieser war jedoch vor einem Jahr verbrannt worden, da er mit dunklen Mächten paktiert hatte. Die Karte, die sie dem Goldsucher abgenommen hatten, hatte nun zu Hansgars alter Hütte im Wald geführt, in dem wahrlich seltsame Dinge lagerten. Nicht nur, das man eine Fee in einem Käfig gefunden hatte, die Hansgar wohl dort eingesperrt hatte, sondern auch diverse Gifte, die äußerst gefährlich schienen und die sofort in Gewahrsam genommen worden waren.
Als Delilah versucht hatte, die magische Aura der Hütte zu erkennen, erschienen die magischen Stränge so gleißend, dass sie geblendet worden war. Zuvor hatte sie aber noch einen Blick auf ein Tor erhaschen könne, das vermutlich in die Feenwelt führte. Das musste unbedingt näher untersucht werden. Auch hatte man in dem Haus einen Pachtvertrag der Taverne gefunden, der mit einer fremden Magie belegt gewesen zu sein schien. Was das alles wohl bedeuten mochte?
Schankmaid, noch einen Tee für meine Gefährtin.“, hörte Delilah Kazan rufen.
Als Delilah Schritte bemerkte, die sich ihrem Tisch näherten und schließlich das Klirren einer Tasse, die vor ihr abgestellt wurde, richtete sie ihren Blick auf die verschwommene Gestalt einer Frau.
Du bist die Schankmaid?“
Ja, hohe Dame.“, antwortete eine liebliche Stimme.
Wie heißt du, mein Kind?“
Brajane.“, antwortete das Mädchen.
Sag Brajane,“ fuhr Delilah fort. „Bist du schon lange hier angestellt?“
Ja, schon seit einigen Jahren.“
Dann hast du bestimmt auch einmal Hansgar, den Sohn der Wirtin kennen gelernt.“
Das Mädchen schwieg.
Nun?“, fragte Delilah etwas forscher.
Er…er war mein Ehemann.“, sagte das Mädchen zögernd und Delilah hörte ein Zittern in ihrer Stimme. Ob diese jedoch auf Schmerz oder Angst zurück zu führen war, konnte Delilah nicht genau bestimmen. Ihr Ehemann also, das wurde ja immer interessanter.
Kannst du mir vielleicht auch sagen, weshalb Hansgar verurteilt wurde?“
Wieder schweigen.
Was ist denn damals geschehen?“, formulierte Delilah ihre Frage um.
Nach einer weiteren Weile des Schweigens antwortete das Mädchen zaghaft.
Es war…nun…er brauchte das Gold…irgendwie mussten wir doch…und diese Händler…er wollte es nicht…keine Wahl…“
Delilah höre ein lautes Schluchzen und sah verschwommen, wie die Schankmaid herumwirbelte und aus der Taverne rannte. Das klang doch alles recht verdächtig. Diese Brajane würde Delilah später wohl noch einmal zur Rede stellen müssen.




Der Soldat


„Jetzt halt doch endlich mal dein Maul!“,
schnauzte Roderick Fred den Barden an, der auf seiner kleinen Laute klampfte und schreckliche Töne von sich gab. Die kleine Schriftstellerin, die versuchte, mit ihm mit zu singen, konnte man kaum verstehen obwohl ihre Stimme bestimmt viel lieblicher war als die des Barden. Überhaupt fand Roderick die Kleine nicht unansehnlich, vielleicht sollte er sich später noch mit ihr beschäftigen.
Aber zuerst galt es, den verschwundenen Waffen auf die Spur zu kommen. Seinem Orden, den Bärensteinern, waren schon zwei Schwerter und fünf Dolche abhanden gekommen. Das konnte so nicht weiter gehen. Eine Töpferwarenverkäuferin stand schon im Verdacht, da sie einem anderen Händler mehrer Waffen angeboten hatte als er danach fragte, obwohl der nächste Schmied recht weit weg wohnte. Und dann war da noch dieses Zahori Pack, das den ganzen Tag vor seinem Zelt herum lungerte. Denen war doch alles zuzutrauen.
Am Anstrengensten bei diesen Nachforschungen hatte sich jedoch der Edle Herr von Sterz heraus gestellt, der ständig dumme Fragen stellte und an den Fähigkeiten von Rodericks Ordensmeister Felian von Bärenstein und dem Bärensteiner Orden zweifelte. Dies tat er zwar nicht direkt, aber Roderick verstand schon die Spitzen, die der „edle Herr“ ständig dem Herrn Felian zuwarf.
Jaahahaa, Männer mit Bärten…“, jaulte der Barde.
Jetzt reichts mir aber!“, sagte Roderick und stopfte Fred kurzerhand den Apfel in den Mund, den er gerade essen wollte. Fred schaute recht verdutzt, aber dafür war jetzt wenigstens Ruhe.
Du solltest lieber ein Gedicht, das dem ‚werten’ Herrn von Sterz gerecht wird, schreiben als hier rumzukrakeelen.“, sagte Roderick während Fred vom Apfel abbiss.
In diesem Moment trat die Frau des Travia Geweihten an den Tisch.
Darf ich mich setzen?“
Aber sicher doch. Für die Gattin von ihro Gnaden haben wir natürlich immer ein Plätzchen frei.“
Auch ein wenig mehr? Denn ich möchte sehen, ob die Karten zu uns sprechen und ein wenig Aufklärung in diese dunklen Geschehnisse bringen.“
Sofort begannen die Bärensteiner auf dem Tisch Platz zu schaffen und gespannt beobachtete Roderick, wie Frau Herdmann die Karten in einem Kreis auslegte. Sie runzelte die Stirn, machte ein düsteres Gesicht und begann schließlich zu sprechen.
Die Hauptkarte zeigt den Erzdämon und seht, er hat seine Hörner in die Mitte gerichtet. Etwas Böses lauert hier, vermutlich im Wald, worauf der Satyr hinweist. Rondras Schwert zeigt uns, dass es weitere Kämpfe geben wird. Jedoch ist es auf dem Kopf – die Kämpfe werden nicht Rondragefällig sein. Gegenüber steht Peraine – ihre Hilfe wird gebraucht werden. Und seht ihr diese Karten hier? Es wird einen Verrat geben – wir werden alle zum Narren gehalten. Mit Erz hat es wohl zu tun, viel Erz. Und schließlich wird Efferd uns zürnen und wir werden dagegen Schutz brauchen.“
Diese letzte Aussage verwunderte Roderick allerdings nicht, wenn er so aus dem Fenster heraus schaute, denn dort ballten sich am Himmel dunkle Wolkenmassen zusammen. Was den Rest betraf – mehr Kämpfe – auch kein Wunder, denn gleich wollten die Bärensteiner ausrücken, um endlich dieses vermaledeite Orklager im Wald dem Erdboden gleich zu machen. Und Erz? Nun, dass mussten die gestohlenen Waffen sein, nur wer war es, der sie zum Narren hielt?
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und ein Junge mit blickte hektisch durch den Raum.
Hat einer von euch die Alchemisten gesehen? Der Händler Jussafa ist vermutlich von einem Dolch vergiftet worden!“
Auch das noch, dachte Roderick, jetzt verschwinden nicht nur die Waffen, sondern kehren auch noch giftig zurück. Das kann ja heiter werden.




Der Barde


„Jan und Hein und Claas und Pit, die haben Bärte, die fahren mit.“
Gut gelaunt klimperte Fred auf seiner Ukulele und sang sein Lieblingslied. Nach all diesen furchtbaren Ereignissen wie den Orkangriffen, die sogar einmal durch die Burg kam, weil der Weibel der Burgwache ein Verräter gewesen war und den vielen vergifteten Händlern, war nun endlich mal etwas Schönes geschehen, denn die Schankmagd Brajane war soeben den Traviabund mit einem der Zöllner eingegangen. Schön, dass es trotz dieser dunklen Zeiten noch Liebe in der Welt gab. Die Zeremonie war trotz des unbeständigen Wetters und so ernster Angelegenheiten wie der Gerichtsverhandlung gegen den Maraskaner, in der Fred kurz zuvor noch hatte aussagen müssen, wirklich sehr schön gewesen. Nur glückliche Gesichter und das Strahlen des frischgebackenen Ehepaares hätte glatt die Praiosscheibe eifersüchtig werden lassen können, wenn sie sich denn gezeigt hätte. Gleich würde man einem alten Brauch nachgehen und das Ehepaar aus seinem Liebesnest reissen, worauf Fred schon voller Vorfreude wartete.
Los, kommt, es ist so weit. Die beiden Liebenden hatten genug Zeit. Kommt alle mit und wir stehlen die Liebste!“, kündete Frau Herdmann, die Frau des Travia Geweihten an.
Fred sprang sofort auf und schloss sich der Meute an. Als sie jedoch die Tür zum Schlafgemach des frischgebackenen Ehepaares erreicht hatten, war diese verschlossen und alles rufen, klopfen und rütteln half nicht. So entschloss man sich, hinten herum zu gehen und durchs Fenster zu steigen. Diese stand zwar tatsächlich offen, doch in dem Zimmer war keine Spur der Liebenden zu sehen. Sofort machten sich verschiedene Leute daran, die Spuren um das Haus rum zu untersuchen.
Sie sind in den Wald!“, rief schließlich ein Elf und sofort machten sich alle dorthin auf.
Am Steinkreis machten Fred, Delilah und Rahjala, die gemeinsam ausgeschwärmt waren, eine grausige Entdeckung. Der Ehemann lag dort erstochen mit seinem eigenen Dolch, ein Buch in der Hand. Die Magierin nahm sofort das Buch an sich und begann es zu untersuchen, während die Schriftstellerin, sagte, dass sie Hilfe holen wolle.
Ich nehm weiter die Verfolgung auf!“, rief Fred und schlug sich ins Unterholz.
Recht unwegsam war das Gelände hier und als Fred schon überlegte, wieder umzukehren, entdeckte er plötzlich etwas zwischen den Bäumen. Er hielt kurz inne. Das konnte nicht sein. War das etwa ein Greif? Schnell löste sich Fred aus der Starre und jagte dem Wesen hinterher. Es war nicht einfach, ihm durch das dichte Unterholz zu folgen, aber schließlich schien das Wesen an einem Ort zu verharren. Als Fred sich vorsichtig näherte, sah er, wie der Greif auf einer kleinen Lichtung an einem Baum zu lehnen schien. Langsam pirschte er sich heran, doch das Geschöpf regte sich nicht. Schließlich nahm Fred all seinen Mut zusammen, erhob die Ukulele zum Schlag und betrat die kleine Lichtung. Der Greif regte sich immer noch nicht und jetzt erkannte Fred auch warum: Es handelte sich um ein Kostüm. Bei näherer Untersuchung konnte Fred ein Holzkästchen neben dem Kostüm finden, aber gerade als er es öffnen wollte, trat der Bannstrahler der Inquisition zwischen den Bäumen hervor.
Ich glaube, das nehme ich an mich.“, sagte er und nahm Fred das Kästchen aus der Hand.
Ein wenig ärgerlich ließ Fred es los. Zu gerne hätte er gewusst, was sich in dem Kästchen befand, aber gegen den Bannstrahler konnte er wohl nichts sagen.
Ihro Gnaden wird auch gleich hier sein.“, verkündete der Bannstrahler und missmutig trat Fred gegen einen Stein und schaute ihm nach, wie er einen kleinen Abhang herunter rollte. Aber was war das? Es sah aus, als würde dort unten jemand liegen. Neugierig trat Fred näher. Das war doch die Schankmaid! Er beschleunigte seinen Schritt und als er bei ihr angekommen war, überprüfte er sofort ihren Puls. Gut, sie lebte noch. Fred bemerkte wie jemand hinter ihn trat. Schon wieder dieser Bannstrahler und diesmal hatte er auch noch ihro Gnaden im Gepäck.
Was geht hier vor?“, fragte der Praios Geweihte.
Ich weiß es nicht,“ antwortete Fred. „Sie scheint bewusstlos zu sein.“
In diesem Moment schlug Brajane die Augen auf und ihr glasiger Blick richtete sich sogleich auf den Praios Geweihten. Schneller als erwartet packte sie einen Stein, erhob sich und machte Anstalten, den Geweihten anzugreifen. Der Bannstrahler war jedoch schneller und hielt sie fest.
Lasst mich! Ich muss tun, was er sagt! Lasst mich!“, heulte Brajane auf, fiel aber sogleich wieder in Ohnmacht.
Ich glaube, wir sollten sie zurück zur Burg bringen.“, sagte der Geweihte.
Sogleich hob der Bannstrahler die Schankmaid hoch, als ob sie nichts wiegen würde und schritt voran.
Fred überlegte, ein Wanderlied anzustimmen, aber als er seine Laute packte und zum Gesang ansetzen wollte, blickte ihn der Praios Geweihte so böse an, dass er es doch lieber bleiben ließ. 




Der Praios Geweihte

Ihro Gnaden Schelacharias Angrist von Riebeshoff stand mit den anderen elf Auserwählten im Kreis um das Bett der bewusstlosen Schankmaid herum. Seitdem sie im Wald gefunden worden war, war sie nicht wieder aufgewacht und die Heiler hatten festgestellt, dass sie sich in keinem guten Zustand befand. Jedoch war es nötig, sie zu befragen, da der Baron entführt worden war und alle Hinweise auf die Schankmaid deuteten. Es hieß, dass nicht mehr viel Zeit sei und er des Todes wäre, wenn er nicht innerhalb der nächsten Stunde gefunden würde. So war ein Magier auf die Idee gekommen, in Brajanes Seele zu reisen, um sie dort zu befragen und hatte zwölf Menschen verschiedenster Profession ausgewählt.
Plötzlich wurde Schelacharias schwarz vor Augen und als er sie wieder öffnete, befand er sich in einer Welt voller Farben, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Er und seine elf Gefährten standen in der Hütte Hansgars, die jedoch merkwürdig verzerrt schien. Hinter einem Tisch stand die Schankmaid, das Gesicht in den Händen verborgen, und rechts von ihr Hansgar. Plötzlich tauchte wie aus dem nichts ein grausig aussehendes Wesen mit verzerrtem Totenschädel und schwarzen, wallenden Gewändern auf und ließ sein schreckliches Lachen erklingen.
IHR WÜRMER; WAS WOLLT IHR HIER? VERSCHWINDET ODER IHR WERDET DES TODES SEIN! SIE GEHÖRT MIR!“, dröhnte die unnatürliche Stimme des Dämons.
Nein, mein ist sie.“, erwiderte Hansgar. „Mein für immer und ewig!“
Keiner von euch beiden soll sie haben!“, rief Schelacharias. „Brajane, wend dich ab vom Bösen und kehr zurück ins Licht!“
Der Dämon lachte auf.
OH NEIN SIE GEHÖRT MIR! UND DIESEN BEFREIUNGSVERSUCH WERDET IHR NUN MIT EUREM LEBEN BEZAHLEN!“
Der Dämon zog sein Knochenschwert und im nächsten Moment erschienen schwarze Schatten, die ebenfalls Waffen gezückt hatten. Sofort brach ein Kampfgetümmel los und obgleich die Gefährten versuchten, die Wehrlosen im Hintergrund zu halten, war dies schwierig zu bewerkstelligen, denn die bösen Gestalten verschwanden einfach und tauchten an anderer Stelle wieder auf.
Praios, sende uns dein Licht und deine Kraft!“, rief Schelacharias und ein goldener Lichtstrahl schoss aus seinem Zepter und vertrieb einen der Schatten. Auch seine Mitstreiter taten ihr bestes sich gegen die dunklen Mächte zu verteidigen und schließlich verschwanden die Schatten und Brajane stand wieder alleine zwischen Hansgar und dem Dämon, die weiter um ihre Seele rangen.
Lass ab von der Dunkelheit und kehr zurück in Licht!“, rief Schelacharias.
Lasst uns beten!“
Und Schelacharias begann ein Gebet des Gotts des Lichts an, in das seine Gefährten mit einstimmten. Der Chor der Betenden wurde immer lauter, so dass die übernatürliche Stimme des Dämons kaum noch zu hören war. Schließlich blickte Brajane langsam auf und als sich ihr Blick mit dem Schalacharias traf, wusste er, dass er sie zurück gewonnen hatte. Die Manifestation des Bösen löste sich auf und auch Hansgar schien keine Macht mehr über sie zu haben. Brajanes Blick klärte sich als ob sie aus einem langen Schlaf erwachen würde. Nach einem kurzen Moment der Verwirrung machte sich Schrecken auf ihrem Gesicht breit.
Was habe ich nur getan?“, rief sie verzweifelt.
Du warst in der Dunkelheit gefangen, doch nun bist du ins Licht zurück gekehrt.“, sagte Schelacharias erschöpft.
Ich…wie konnte das nur geschehen? Ihr müsst ihn retten! Er ist in der abgebrannten Bäckerei im Dorf…eilt euch, ihr habt nicht mehr viel Zeit!“
Das werden wir tun.“, sagte Schelacharias. „Aber kehre du mit uns zurück. Deine Seele ist nun befreit!“
Nein, ich kann nicht. Die Schuld, die ich auf mich geladen habe. Ich habe Euch angegriffen…die Händler vergiftet…meinen…“, Brajane schluchzte, „…meinen Mann getötet als er mich nicht mehr bei diesen dunklen Machenschaften unterstützen wollte…rettet den Baron! Ich werde zu meinem Mann gehen…Geht! Eilt euch!“
Bei diesen Worten wurde Schelacharias wieder schwarz vor Augen und als er sie öffnete, fand er sich auf dem Boden liegend.
Schnell zur alten Bäckerei. Dort ist er gefangen!“, keuchte Schelacharias und erhob sich gestützt von seinem treuem Bannstrahler.




Die Zahori


„Jetzt fangt endlich an!“, rief Oriana lachend.
Der Baron und der Ordensmeister der Bärensteiner tänzelten um einander herum. Nach den vielen Spitzen, die die Bärensteiner durch den Edlen Herrn von Sterz hatte ertragen müssen, hatte Felian von Bärenstein ihn endlich zum Duell gefordert. Von Sterz hatte als Waffe ein Rapier gewählt, jedoch war der Baron an von Sterz’ Stelle getreten, da sich der Edle bei einem Versuch des Imman Spiels den Fuß verletzt hatte. Es versprach ein amüsantes Duell zu werden, denn keiner der beiden Duellanten schien recht zu wissen, wie man mit einem Rapier umgeht.
Bis zum zweiten Blut also.“, rief der Baron.
Bis das der erste lacht!“, antwortete Felian von Bärenstein.
Die Menge lachte. Es war schön nach all diesen furchtbaren Ereignissen wieder einmal herzlich lachen zu können. Glücklicherweise konnte der Baron letzte Nacht unverletzt aus der Bäckerstube befreit werden, in den ihn die Schankmaid verschleppt hatte. Diese hatte jedoch nicht mit ihren Taten leben können und war ihrem Ehemann gefolgt. Eine traurige Geschichte, doch waren sie so nun wenigstens wieder vereint.
Auch die Sache mit Rumbarick und der Koboldkönigin hatte sich nach viel Schabernack und Sticheleien erledigt, denn endlich war die alte Frau zum Lachen gebracht worden und somit die Wettschulden beglichen.
Nach all diesen aufwühlenden Ereignissen hatte Oriana sogleich die Flammen befragt, die nun eine ruhigere Zeit voraus sagten.
Am meisten freute Oriana jedoch, dass trotz aller Verdächtigungen niemand hatte aufdecken können, was mit den verschwundenen Waffen geschehen war, denn so blieb ihren Gefährten zumindest diese Einnahmequelle erhalten.
Ha ha, das habt Ihr Euch so gedacht.“, triumphierte Felian von Bärenstein und parierte einen Angriff des Barons. „Nehmt das.“
Und tatsächlich hatte der Ordensmeister den Baron am Arm getroffen, dessen Ärmel sich jetzt rot färbte. Die Menge applaudierte.
Nun ist wohl eine Entschuldigung eurerseits fällig.“, rief Felian von Bärenstein dem Edlen Herrn von Sterz zu. Dieser verbeugte sich sogleich vor dem Ordensmeister und entschuldigte sich in aller Förmlichkeit. Danach schwang er sich wortlos auf sein Pferd und ritt davon.
Ja, vielleicht sollten auch die Zahori so langsam weiter ziehen…     





Rafin Rosenrausch

Wie konnte das nur sein? Er zählte doch erst 35 Götterläufe und war auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt. Wie konnten ihm die Götter das nur antun?
Am Hofe des Königs von Andergast hatte er seine Künste als Barde präsentieren dürfen und dann war ihm einfach schwarz vor Augen geworden. Seitdem war er bettlägerig gewesen und selbst die besten Ärzte vermochten nicht zu sagen, um welche Krankheit es sich handelte. Jedoch fühlte Rafin, dass Borons Hand schwer auf ihm lastete und das er nicht mehr viele Tage auf Dere verweilen würde.
Dann hatten die Götter ihm aber doch noch einen letzten Segen gestattet und ihm Rahjala geschickt, die aus der glühenden Liebe mit Vivien Eslebon entstanden war als er nicht viel mehr Götterläufe gezählt hatte als Rahjala jetzt.
Trotz all den edlen Damen und hübschen Mädchen, die Rafin auf seinen vielen Reisen nicht nur mit seiner Rosenlaute beglückt hatte, hatte er Vivien nie so richtig vergessen können. Oft hatte es Momente gegeben, in denen er sich vorgestellt hatte, dass die Maid in dessen Armen er gerade lag, Vivien sei. Jedoch hatte Rafin damals noch mehr vom Leben gewollt. Er hatte sich danach gesehnt in den angesehnen Häusern und an den großen Höfen zu spielen, wobei eine Familie wohl hinderlich gewesen wäre. So hatte Rafin sich zwischen Karriere und Liebe entscheiden müssen und hatte es bisher selten bereut. Bis jetzt, wo er sich wünschte, in den Armen einer Frau zu liegen, der er wirklich etwas bedeutete.
Als Rahjala ihm erzählt hatte, dass Vivien vor kurzem durch ein schreckliches Unglück auch ihr Dasein auf Dere verlassen hatte, war er zuerst bestürzt gewesen, doch dann dachte er, das es nun, nach seinem bisherigen doch recht erfolgreichen Leben vielleicht an der Zeit war, seine wahre Liebe wieder aufzusuchen.
Rahjala schien seine Abenteuerlust geerbt zu haben, denn sie erzählte ihm viel von ihren Abenteuern, die sie bisher erlebt hatte. Gerade war sie mit Eduard Beorson von Grimmeneck, einem Adeligem und dessen Barden Frederico Raphael Edmundo Duarte nach Thorwal unterwegs, um sich dort ein Sportspektakel anzuschauen. Die Regeln des Spiels klangen wahrlich barabarisch – nun Rafin hatte sich nie so ganz mit den rauen Sitten der Thorwaler anfreunden können und um Thorwal meist einen Bogen gemacht, aber Rahjala musste wohl ihre eigenen Erfahrungen machen.
Rafin war sehr erfreut gewesen als Rahjala im erzählte, dass sie durch Frederico ihre Liebe zur Musik entdeckt hatte und er ihr nun das Lautespiel beibracht. Rafin hatte darauf bestanden, den Barden persönlich kennenzulernen. Der Junge hatte wahrlich Talent, aber die lächerlich kleine Laute, die er mit sich führte, erntete von Rafin nur einen verächtlichen Blick.
So beschloss Rafin, seine letzten Tage auf Dere damit zu verbringen, seiner Tochter den Umgang mit seiner Rosenlaute, die einzige, die ihm stets treu gewesen war, beizubringen. Auch übergab er ihr sein Liederbuch, in dem es noch einige Seiten zu füllen gab.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen